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Faschismus und Neofaschismus in Italien

Mussolinis Italien: Von der Entstehung des Faschismus bis zum Widerstand und der Fortführung im Neofaschismus.

Denkmal-Faschismus-Italien

Faschismus und Neofaschismus in Italien

Mussolinis Italien: Von der Entstehung des Faschismus bis zum Widerstand und der Fortführung im Neofaschismus.

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Faschismus und Neofaschismus in Italien

Mussolinis Italien: Von der Entstehung des Faschismus bis zum Widerstand und der Fortführung im Neofaschismus.

Denkmal-Faschismus-Italien

Benito Mussolini ging als Diktator und Faschist in die Geschichte ein. Vor allem aber war er Eines: Eine wichtigsten Persönlichkeiten im Faschismus in Italien und auch in Europa - das große Vorbild Hitlers. Zahlreiche seiner Schachzüge wie etwa der Marsch auf Rom wurden vom deutschen Diktator übernommen bis hin zur späteren Verbündung Mussolinis und Hitlers. Geboren wurde Mussolini (Benito Amilcare Andrea Mussolini) im Jahr 1883 in Dovia di Predappio. Er starb am 28. April 1945 in Giulino di Mezzegra nahe Mailand - erschossen von Partisanen, die die Diktatur Mussolinis nicht hinnehmen wollten. Mussolini und der Faschismus stellen ein dunkles Kapitel italienischer Geschichte in der jüngeren Vergangenheit des Land dar. Fortgesetzt wird es durch den Neofaschismus und faschistisch orientierte Parteien, die bis zum heutigen Tag zur politischen Landschaft Italiens gehören.

Der Aufstieg des Faschismus in Italien

Mussolini bei den alpinen Schwarzhemden nahe Brescia.
Bild: Publiziert unter der Creative Commons Public Domain.

Die Kampfbünde in Italien

Parallel zur Entwicklung in Deutschland entstand auch in Italien eine politische Bewegung, die vom 'Duce' Benito Mussolini von 1922 bis 1943/45 angeführt wurde. Der Begriff des Faschismus in Italien leitete sich aus Fasci ab, in der deutschen Sprache sind dies Verbände. Genau so war der Faschismus auch zunächst organisiert: In einzelnen Verbänden, die sich als Schwarzhemden bezeichneten, den Fasci italiani di combattimento (italienische Kampfbünde von 1919–1921), die von Mussolini gegründet wurden. Alle gemeinsam hatten im weiteren Verlauf die Zugehörigkeit zur Partei Partito Nazionale Fascista oder auch PNF, die im Jahr 1921 von Mussolini gegründet wurde.

Wie der Faschismus gedeihen konnte

Der Faschismus in Italien bot einen starken Gegenentwurf zu sozialistischem und kommunistischem Gedankengut. Die Gewerkschaften Italiens waren vom Sozialismus und Kommunismus stark beeinflusst und schlossen Anhänger des Faschismus aus ihren Organisationen aus und spielten dem Faschismus damit in die Hände. Vor allem im Mittelstand erhielt der Faschismus starken Zulauf und Mussolini war ein geschickter Redner, der die Menschen mitreißen konnte. In den Jahren 1921 und 1922 gewann der Faschismus so immer mehr Anhänger, die mit der amtierenden Regierung nicht einverstanden waren.

Mussolinis Machtergreifung


Benito Mussolini überprüft im Rahmen des Marsches auf Rom die im Oktober 1922 versammelten Schwarzhemden. Von links nach rechts: Italo Balbo, Benito Mussolini, Cesare Maria de Vecchi und Michele Bianchi.
Bild: Publiziert unter der Creative Commons Public Domain.

Der Marsch auf Rom

Mussolini ergriff die Gelegenheit und kündigte im September und Oktober 1922 einen “Marsch auf Rom” durch seine Anhänger an. Tatsächlich machten sich die Faschisten auf den Weg und besetzen teils Verwaltungsgebäude, Kasernen und verschafften sich Zugang zu Waffenlagern, vor den Toren von Rom sammelten sich mehrere zehntausend Anhänger des Faschismus.

Der amtierende König Vittorio Emanuele III sah sich und seine Streitkräfte unterlegen und suchte den Schulterschluß mit Mussolini, um einen Bürgerkrieg zu vermeiden. So bestellte er am Abend des 29. Oktober 1922 Mussolini nach Rom und ernannte Mussolini zum Regierungschef.

Änderung der Wahlgesetze

Die folgenschwere Entscheidung des Königs Italiens hatte im ersten Schritt eine Änderung der Wahlgesetze Italiens zur Folge. Bei der Abstimmung über das so genannte Acerbo-Gesetz sollen bewaffnete Squadristi - Schwarzhemden oder Faschisten – anwesend gewesen sein, um die Abstimmung zu beeinflussen und die Abstimmenden zu bedrohen.

Die Einschüchterung funktionierte und so wurde beschlossen, die Verhältniswahl abzuschaffen. Nach dem neuen Gesetz standen der Wahlliste oder Partei zwei Drittel der Sitze im Parlament zu, die mindestens 25 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinen konnte.

Das Gesetz spielte nur ein einziges Mal eine Rolle: Im Jahr 1924 konnte sich Mussolini mit nur rund 60% der Stimmen 66% der Sitze im Parlament sichern und damit seine Diktatur umsetzen.

Verschärfung des politischen Klimas

Ausbau der alleinigen Herrschaft Mussolinis

Ab dem Jahr 1928 durfte in Italien keine andere Partei mehr existieren. Parteimiliz, die Aufhebung der Pressefreiheit und von Bürgerrechten, extremer Nationalismus, Großmachtsfantasien, Ermächtigungsgesetze und auch politische Morde zählten zu den Maßnahmen, die in Italien durch Mussolini und seine Anhänger durchgesetzt wurden. Mussolini wird zum Duce del Fascismo (Führer des Faschismus) und zum ersten faschistischen Diktator Europas.

Der weitere Weg in eine echte Diktatur

Es entstand im Verlauf der 30er Jahre ein diktatorischer und totalitärer Staat. Ähnlich wie Nazideutschland hatte auch Mussolini die Erweiterung des Staatsgebietes durch mehrere Kriege im Mittelmeerraum im Sinne und das Judentum wurde unterdrückt. Im Gegensatz zu den Nazis allerdings hatte die Faschisten Italiens nicht die Vernichtung der Juden im Sinne, sondern deren Vertreibung und Enteignung.

Innerhalb Italiens kam es zu Verhaftungen und Verurteilungen politisch Andersdenkender und Schikanen wie Razzien, Gewalt gegenüber politischen Gegnern, Zerstörung von Gebäuden, Enteignungen und Exekutionen. Wer als 'subversiv' galt, konnte ohne Weiteres verurteilt werden. Und wer den Hut nicht unterwürfig vor den faschistischen Mächten im Land abnahm, war bereits subversiv.

Enge Verbindungen nach Deutschland

Mussolini (links) und Hitler (rechts im Bild). Die beiden Diktatoren und Faschisten verbündteten sich im Jahr 1936.
Bild: Publiziert unter der Creative Commons Public Domain.

Faschismus in Deutschland: Alles nur geklaut?

In Deutschland entwickelte sich der Nationalsozialismus einige Jahre zeitlich versetzt. Benito Mussolini war dabei Vorbild für zahlreiche Strategien Hitlers, der beispielsweise den berühmten Sturm auf Rom in Deutschland mit einem Sturm auf Berlin nachzuahmen versuchte. Im Jahr 1934 war es dann soweit: Hitler traf sein großes Vorbild Mussolini. Noch gab es aber keinen Schulterschluß.

Mussolini in der Klemme

Italien war seinerzeit den Kräften Deutschlands weit unterlegen und im Rahmen eines Feldzuges im heutigen Äthopien kam es für Italien zu Schwierigkeiten: Der Krieg in Äthopien geriet deutlich teurer als geplant. Hitler liess sich die Gelegenheit nicht engehen und finanzierte den Widerstand in Äthopien, um den Krieg so zu verlängern und Mussolini das Leben schwer zu machen.

Die Achse Rom-Berlin

So kam es dann zu einer Situation, in der Italien Verbündete brauchte und im Jahr 1936 verkündete Mussolini die Achse Rom-Berlin. Begleitet wurde diese von einer weiteren Verschärfung der faschistischen Doktrin. Das zeigte sich unter anderem auch in Form von Rassegesetzen in Italien mit der italienisch-arischen Rasse, die nun das Idealbild im faschistischen Italien werden soll.

Es folgte zudem im Jahr 1939 ein militärisches Bündnis mit Italien als Partner Deutschlands für den zweiten Weltkrieg, auch wenn Italien dies kaum leisten konnte. Dennoch stürzte sich Italien in einen Feldzug in Griechenland und verlor dort immer wieder. Die Allierten landeten zudem im Jahr 1943 auf Sizilien.

Abstieg des Faschismus in Italien

Kriegsverherrlichende Darstellung auf einer Briefmarke Italiens aus dem Jahr 1945.
Bild: Publiziert unter der Creative Commons Public Domain.

Abstieg des Faschismus

Angesichts des Mißerfolges Italiens im Krieg und immer weniger Vertrauens in Mussolini durch die Bevölkerung setzte der faschistische Großrat – das Regierungsorgan Mussolinis – den Diktator Mussolini ab. Im Jahr 1943 trat Italien auch aus dem Militärbündnis mit dem nationalsozialistischen Deutschland aus. Der König Italiens Vittorio Emanule III ließ Mussolini verhaften. Die Partei des Mussolini bestand ebenfalls bis zu diesem Zeitpunkt im Jahr 1943 und Mussolinis Partei wurde dann verboten.

Die Rolle Deutschlands nach der Absetzung Mussolinis

Im Verlauf des ersten Halbjahres 1943 hatte man in Deutschland die Entwicklung abgesehen und in allen Regionen Italiens strategisch geschickt deutsche Truppen stationiert. So besetzte Deutschland viele Teile Italiens, befreite Mussolini aus der Haft und es kam zu Massakern gegenüber italienischen Bürgern, Partisanen und Mitlitärangehörigen im ganzen Land. Ausgeführt wurden diese sowohl von Nazis als auch von kooperierenden Faschisten in Italien. Die Unterdrückung und Gewalt zog weite Kreise – sogar bis nach Griechenland, wo noch immer italienische Truppen stationiert waren.

Faschistische Nachfolgepartei und Republik von Salò

Zu alldem wurde nach der Amtsenthebung Mussolinis die faschistische Nachfolgepartei Partito Fascista Repubblicano gegründet (italienische Sozialrepublik RSI oder auch Republik von Salò), die aus Nazideutschland finanziert und getrieben wurde – erneut mit Mussolini an der Spitze. Damit erhoffte man sich die Rückeroberung Italiens für den Faschismus. Italienische Soldaten wurden in Internierungslager in Deutschland gebracht. Im Oktober 1943 erklärte die Nachfolgeregierung Italiens dem Deutschen Reich dann den Krieg. Auch in der Bevölkerung regte sich immer mehr Widerstand gegen die Besetzer aus Deutschland wie auch gegen die faschistischen Unterdrücker im eigenen Land.

Kriegsende: Partisanen und mehr

Bild: Publiziert unter der Creative Commons Public Domain.

Widerstand: Die Resistenza

Noch im gleichen Jahr – 1943 – formierte sich in Italien der Widerstand in Form der Resistenza. Die Resistenza in Italien war eine der größten Bewegungen dieser Art in Europa . Die Angaben über die Zahl der Partisanen schwanken, ganz sicher ist dies nicht belegt, es sollen etwa 200.000 gewesen sein. Sie kämpften aber nachweislich mit Waffengewalt gegen die nationalsozialistische Besetzung aus Deutschland und die italienische Faschistenpartei RSI, die aus Nazideutschland unterstützt und finanziert wurde. So hatte die Resistenza gleich mehrere Funktionen: Ein Krieg gegen Nazideutschland und ein Bürgerkrieg gegen die Faschisten in Italien sowie ein Klassenkrieg gegen die Herrschenden im Land.

Das Kriegsende: Partisanen, Allierte und Zivilcourage

Noch während die Partisanen zwischen 1943 und dem Kriegsende im Jahr 1945 für Italien kämpften, befreiten auch die Allierten (USA und England) immer mehr Gebiete Italiens. Die zivile Bevölkerung Italiens erhob sich in einigen Städten auch gegen das nazifaschistische Regime und so wurden Nazis wie auch Faschisten immer weiter zurück gedrängt – bis das Ende absehbar war.

Das Kriegsende zeichnete sich zudem auch in Deutschland ab und so versuchte Mussolini in die Schweiz zu fliehen. Am 28. April 1945 wurde er mit seiner Begleiterin von italienischen Partisanen am Gardasee erschossen. Die Leichen wurden in Mailand öffentlich ausgestellt. Am darauf folgenden Tag kapitulierten die deutschen Truppen in Italien. Der 28. April 1945 gilt als Feiertag in Italien rund um die Befreiung des Landes von faschistischen Regimes.

Verklärte Vorstellungen der Partisanenbewegung

Die Partisanenbewegung in Italien wurde oft romantisch verklärt und als breite Volksbewegung dargestellt. Das Lied Bella Ciao beispielsweise wurde in den Jahren der Resistenza zur Hymne, die noch heute weltbekannt ist.

Im Wesentlichen waren die Partisanen politisch dem kommunistischen Lager zuzuordnen. Auch Partisanen verübten Kriegsverbrechen und sie waren sich auch untereinander manchmal nicht einig. Sie gingen zur Befreiung Italiens teils genauso brutal wie ihre Unterdrücker vor. So wurden in der Toskana in Prato etwa 29 Faschisten im Jahr 1944 von Partisanen hingerichtet. Das so genannte Dreieck des Todes in der Emilia-Romagna ist ein Gebiet, in dem es zwischen 1943 und 1949 viele politisch motivierte Morde gab, die der Partisanenjustiz zugeschrieben werden. Die Zahl der Toten durch Partisanen alleine in diesem Dreieck wird auf etwa 2.500 beziffert. Dem stehen allerdings mehrere zehntausend Opfer der Gewalt durch die deutsche Wehrmacht gegenüber.

Späte Aufklärung

Erst im Verlauf der 90er Jahre mit dem Fall des Kommunismus in Osteuropa bekam die Geschichte der Resistenza eine neue und deutlich realistischere Deutung. Insbesondere dem Historiker Claudio Pavones kommt bei dieser Aufarbeitung der Geschichte mit dem Buch 'Una Guerra Civile' eine bedeutende Rolle zu. Seit den 90er Jahren gilt als gesichert und anerkannt, dass die bewaffnete Resistenza in Italien eine Minderheit war und keine breite Volksbewegung. Darüber hinaus wird heute dem zivilen Widerstand zum Ende der faschistischen Zeit in Italien eine bedeutendere Rolle zugeschrieben als das einst der Fall war.

Neofaschismus in Italien

Die Weiterführung des Faschismus in Italien

Die rechte Partei Fratelli d'Italia unter der Führung von Giorgia Meloni wurde erst im Jahr 2012 gegründet. Entstanden ist die Partei aus der neofaschistischen MSI (Movimento Sociale Italiano), die im Jahr 1995 zu Alleanza Nazionale wurde und und im März 2009 in der rechtsgrichteten Parteil Il Popolo della Libertà (PdL) aufging - gemeinsam mit Berlusconis Forza Italia. Unzufrieden mit der Politik der Parteil Il Popolo della Libertà (PdL) verließt Giorgia Meloni diese im Jahr 2012 und gründete die Partei Fratelli d'Italia, die sich deutlich extremer positionierte als Berlusconis Partei PdL.

Deutlich wird aus der Entwicklung der Parteien: Der Faschismus in Italien war nie wirklich zu Ende. Er wurde in verschiedenen Konstellationen und unter verschiedenen Namen stets weiter geführt.

Fratelli d'Italia und das Wahlprogramm

Das Wahlprogramm der Partei Fratelli d'Italia (FdI) umfasst umfangreiche Steuersenkungen, Energieautonomie mit sauberen und erschwinglichen Energien, Forderungen nach einem neuen Paradigma für die EU, stärkeren Investitionen in das Gesundheitswesen, die Familie als zentrales Element der Gesellschaft, ausdrücklich auch Informationskampagnen zur Fruchtbarkeit, ausdrückliche Entwicklung der Marke Made in Italy im Ausland, Verbot der Adoption für gleichgeschlechtliche Partner, Förderung der Kultur und des Tourismus, Stopp der illegalen Einwanderung und Wiederherstellung der Sicherheit der Bürger - in einem Atemzug im Programm beschrieben, Darstellung Italiens als Wiege der Zivilisation, Schutz des nationalen Interesses im Vordergrund genauso wie die Verteidigung des Heimatlandes, ein Europa der Heimatländer, Verteidigung der klassischen und jüdisch-christlichen Wurzeln Europas, Wiederherstellung der zentralen Stellung Italiens im Mittelmeerraum und mehr. Darüber hinaus ist im Wahlprogramm auch die Rede von Unterjochung durch chinesische und amerikanische Unternehmen in der EU - im Wesentlichen durch Digitalkonzerne - die beendet werden soll.

Die im vorherigen Absatz verwendeten Formulierungen sind 1:1 Übersetzungen aus dem Wahlprogramm der Fratelli d'Italia. Die stark nationalistische Haltung des Wahlprogramms wird aus den verwendeten Formulierungen mehr als deutlich und damit ist die Partei dem ursprünglichen Faschismus aus dem vergangenen Jahrhundert gefährlich nah.

Geplante Änderung von Wahlgesetzen

Heikel zeigt sich im Wahlprogramm auch ein ganzer Abschnitt über die Einführung eines präsidentiellen Regierungssystems, bei dem die Präsidentin oder der Präsident des Landes per Direktwahl bestimmt wird. Die Überschrift hierzu lautet "politische Stabilität für Italien". Das Wahlsystem soll geändert werden mit dem Ziel, die schnellen Regierungswechsel in Italien zu beenden und mehr Stabilität zu schaffen. Das ist einerseits ein verständliches Ziel, andererseits aber eben auch äußerst bedenklich und beängstigend, sofern man bedenkt, was faschistisch und nationalistisch geprägte Parteien mit der Veränderung von Wahlgesetzen in der Vergangenheit angerichtet haben.

Das i-Tüpfelchen ergibt sich aus Äußerungen Melonis, die ahnen lassen, dass Meloni einen zentralistischen Staat befürwortet: "Die Autonomie muss ins Gesamtspektrum der nationalen Einheit eingegliedert werden" und "Ich glaube nicht an 'kleine Heimatländer' und bin davon überzeugt, dass das Heimatland, das wirkliche, die einzige verbleibende Barriere gegen das globalistische Abdriften und die unkontrollierte Globalisierung ist." so Meloni beispielsweise über die Autonomie einzelner Regionen in Italien, die sie mit 'kleinen Heimatländern' bezeichnet. In Südtirol fürchtet man auf Basis dieser Aussagen um den Verlust der Autonomie und die damit verbundenen Handlungsfreiheiten. Im Wahlprogramm finden sich dazu weiterhin Äußerungen wie "Reform des Staates durch den Präsidenten" oder auch "Übertragung von Befugnissen auf die Hauptstadt Rom" sowie die "Stärkung der Rolle der lokalen Behörden".

Wer noch nicht weiss, was das bedeutet: Beim Zentralismus liegt die gesamte Macht bei einer oder nur wenigen staatlichen Organen oder Personen. Melonis Aussagen sowie das Wahlprogramm aber bleiben bei dieser Zielrichtung schwammig. Wie viel Zentralismus geplant ist, und welche Änderungen tatsächlich kommen werden - das bleibt abzuwarten.

Das liebe Geld: Die Rolle Italiens in der EU

Das Land Italien wird im Wahlprogramm der Fratelli d'Italia zudem als bedeutsamer Beitragszahler innerhalb der EU dargestellt. Dabei wird aber verschwiegen, dass Italien im Verhältnis zu Deutschland, Großbritannien und Frankreich eine relativ kleine Rolle spielte (Zur Einordnung: 4,8 Mrd EUR EU-Haushaltsbeitrag aus Italien im Jahr 2020 - 15,5 Mrd EUR EU-Haushaltsbeitrag aus Deutschland - 10,2 Mrd EUR aus Großbritannien und 8 Mrd EUR aus Frankreich). Die Einordnung als drittgrößter Nettozahler entand durch den Austritt Großbritanniens.

Die Verschuldung des Landes wird im Wahlprogramm nicht thematisiert - rund rund 2,78 Billionen Euro sind es im Jahr 2022 - mit weiter steigender Tendenz. Italiens Schulden liegen dabei wesentlich in den Händen einheimischer Finanzunternehmen wie etwa die Banca d'Italia.

Die von der EU gesetzte Grenze für die Staatsverschuldung liegt bei 60% des Bruttoinlandsproduktes. Italien hat eine Staatsverschuldung von 120% des Bruttoinlandsproduktes. Viele Ökonomen sehen damit den Euro gefährdet. Denn: Kann der italienische Staat seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen, ist vor allem das italienische Bankenwesen in Gefahr und das würde eine erneute Bankenkrise in Europa verursachen. Allerdings: Italien erwirtschaftet seit Jahren Überschüsse und kann auch die hohe Schuldenlast tragen. Inwieweit also ein tatsächliches Risiko besteht, ist unklar. An mangelnder Sparsamkeit im italienischen Haushalt jedenfalls liegt es nicht.

Giorgia Meloni: Neofaschistische Führungsfigur?

Bekannt ist die Führungsfigur Giorgia Meloni der Fratelli d'Italia vor allem für pro-faschistische Äußerungen. Als bekennender Fan Mussolinis wurde Giorgia Meloni mit ihrer Partei Fratelli d'Italia dennoch im September 2022 zur stärksten Partei und zukünftigen Ministerpräsidentin des Landes. Klare Aussagen zur Abgrenzung Italiens innerhalb der EU, ein starker Fokus auf 'das Heimatland', Feindseligkeiten gegen gleichgeschlechtliche Partner unter Berufung auf christliche Werte, mit 15 Jahren ein Eintritt in die faschistische Partei MSI, nach eigenen Worten 'eine gewissen Aversion gegen Deutschland'; all das spricht eine klare Sprache.

Darüber hinaus gibt es von Seiten Giorgia Meloni keine Distanzierung vom Faschismus, dafür aber Äußerungen über 'ihr entspanntes Verhältnis zum Faschismus' und auch faschistische Slogans wie 'Gott, Familie, Vaterland' aus Mussolinis Zeit sind keine Seltenheit bei den Fratelli d'Italia und Giorgia Meloni. Das Wahlprogramm mit stark nationalistischen Elementen erhält so noch deutlich mehr Schärfe.

Wie konnte es zur Wahl der Fratelli d'Italia kommen?

Faschistisches Gedankengut wird in Italien oft nicht als solches erkannt. Viele Wähler verstehen nicht, weshalb man Giorgia Meloni und ihre Fratelli d'Italia als neofaschistisch einstuft. Nach eigenen Aussagen haben sie 'die Faxen der EU dicke' und hoffen einfach auf eine bessere Zukunft.

Auf den ersten Blick verspricht das Wahlprogramm der Fratelli d'Italia genau das: Weniger Steuern, ein besseres Bildungswesen, ein besseres Gesundheitswesen, Wirtschaftsförderung, Unterstützung für Familien und vieles mehr. Allerdings: Über die Finanzierung und Realitätsnähe des Programms verlieren die Dokumente der Partei kein Wort. Zwischen den Zeilen und vor allem in Kombination mit Aussagen Giorgia Melonis ergibt sich zudem ein ideologisch geprägtes politisches Bild, das große Risiken für Ialien wie auch für Europa mit sich bringt.

Hinzu kommt: Erst auf den letzten Seiten des Wahlprogramms kommt die stark nationalistisch geprägte Haltung wirklich zum Ausdruck und wird auf diese Weise leicht übersehen. Ignoranz und Toleranz gegenüber faschistischen Haltungen sind in Italien darüber hinaus keine Seltenheit. Auch im Bildungswesen spielt der Faschismus kaum eine Rolle - er wird praktisch totgeschwiegen. Umfragen zufolge wurde Giorgia Meloni darüber hinaus vor allem von Frauen gewählt, obwohl Gleichberechtigung und eine Stärkung der Frauen keine Rolle im Wahlprogramm der Fratelli d'Italia spielt.

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